Adolf Loos (10.12.1870 - 23.8.1933) zählt zu den wichtigsten und einflussreichsten Architekten des
20. Jahrhunderts. Er versuchte, in seiner Architektur Tradition und Fortschritt zu verbinden und stellte sich gegen radikale Entwicklungen. Sein Ansatz erscheint daher oft widersprüchlich und komplex - und so bleibt Adolf Loos bis heute in Vielem unverstanden und sein - auf den Innenraum ausgerichtetes Werk - im Verborgenen.
Im Jubiläumsjahr 2020 & auch 2021 wollen wir bekannte, aber auch verborgene Loos-Bauten und Interieurs erstmals der Öffentlichkeit über Führungen zugänglich machen. Neben den Führungen sind auch Vorträge, Podiumsdiskussionen, Themen-Spaziergänge und Exkursionen nach Tschechien (Brünn, Prag, Pilsen) in Kooperation mit anderen Institutionen geplant.
Wir wünschen Ihnen viel Freude bei Ihren persönlichen Loos-Entdeckungen!
Ralf Bock & Timo Riess
gefördert durch:
Bezirkskulturförderung Innere Stadt & Hietzing
Wohnung Emil Löwenbach
Adolf Loos hat im Laufe seiner Karriere über 60 Wohnungen eingerichtet. Interieurs sind ein wesentlicher Bestandteil seines Werkes. Für den Industriellen Emil Löwenbach richtete Loos eine ganze Etage eines Eckhauses am Wienfluss, in der Nähe der Urania, ein. Loos hatte die Sensibilität, auf die Charaktere seiner Auftraggeber einzugehen und die Fähigkeit sein Vokabular an Gestaltungselementen und Materialien immer wieder neu zu adaptieren. Das Esszimmer, der Wohnsalon und eine kleine Bibliothek sind noch heute gut erhalten. Ein Teil der ca. 500 Quadratmeter großen Wohnung wurde nach Kriegsschäden zwar verändert, die Räume vermitteln aber dennoch das großbürgerliche Wohngefühl zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Wien.
Ein sicherlich lohnender Besuch, bei dem man nicht nur eine außergewöhnlich schöne Arbeit von Loos bewundern, sondern auch einiges über das Bridge Spiel erfahren kann. (Foto:Philippe Ruault)
Buchhandlung
Manz
Direkt neben dem von Loos geplanten Haus am Michaelerplatz, ließ die Familie Stein am Kohlmarkt 16 ein Haus im Stil des Historismus mit einer wuchtigen Fassade errichten. Trotz der damals heftigen Kritik am benachbarten Looshaus, entwarf Loos das Portal ihres Geschäftes und dessen Inneneinrichtung, sowie die Büroräumlichkeiten im Mezzanin. Hier finden wir auch die Blumenkisten an der Fassade über dem Geschäftsportal wieder - ein Element, welches Loos schon früher beim Schmuckfederngeschäft Steiner eingesetzt hat. Richard Stein, für den Loos auch seine Privatwohnung einrichtete, war eng befreundet mit Loos, Kokoschka und Schönberg.
Die Familie Stein führt bis heute den Manz Verlag und bewahrt das von Loos gestaltete bauliche Erbe. (Foto: Manfred Werner)
Wohnung Friedrich Boskovits II - Musiksammlung der Wienbibliothek - Loos-Räume
Die Familie Boskovits zog 1927 von der Frankgasse 1 bei der Votivkirche in eine größere Wohnung in der Bartensteingasse 9, in unmittelbarer Nachbarschaft des Wiener Rathauses. Loos hatte bereits ihre Wohnung in der Frankgasse einige Jahre zuvor ausgestattet. Die hochwertige Ausstattung wollte man gerne in die neue Wohnung übersiedeln. So wurde das komplette Esszimmer samt Wandverkleidungen und Anrichte an die neuen Räumlichkeiten angepasst. Diese großzügige Wohnung wurde vom jüdischen Industriellen Friedrich Boskovits gemeinsam mit seiner Frau, ihrer verheirateten Tochter, sowie deren Ehemann und Kindern bewohnt. Die Geschichte der Familie Boskovits zeigt die enge Verbindung des Bauherrn zum Architekten und die Wertschätzung der von Loos geplanten Wohnungsausstattung.
Die Wohnung wurde in den 1980-er Jahren"wiederentdeckt" und vorbildlich restauriert. Heute beherbergt sie die Musiksammlung der Wienbibliothek und eine ausführliche Dokumentation der Bauherren- und Wohnungsgeschichte sowie zum Leben und Werk von Adolf Loos.
Diese Führung erfolgt mit freundlicher Unterstützung der Wienbibliothek und wird kostenlos angeboten. (Foto:Herta Hurnaus)
Schneidersalon Knize
Loos war es wichtig, gut gekleidet zu sein. Er ließ sich von den besten Herrenschneidern in Wien Maßanzüge im englischen Stil anfertigen. Bezahlt hat Loos gerne mit der Planung und Einrichtung von deren Geschäfts- und Atelierräume. Ende des 19. Jahrhunderts waren die Schneiderateliers meist in der Wiener Innenstadt im Mezzanin gelegen und nur durch das Stiegenhaus erreichbar. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnten sich einige Schneider kleine Läden im Erdgeschoß leisten und verbanden diese mit ihren Ateliers im Mezzanin.
Laden und Schneideratelier der Firma Knize sind im Originalzustand erhalten und zählen auch nach 110 Jahren zu einer der besten Adressen für Herrenmode in Wien. Der Schneidersalon Knize stellt ein gutes Beispiel für die zeitlosen Konzepte und Arbeiten von Loos dar.
Loos erhielt diesen Auftrag von Gisela Steiner, der Schwester von Hugo Steiner, deren Mann schon früh verstorben war. Bald übernahm ihr Sohn Fritz-Wolf Knize die Geschäftsführung und eröffnete Filialen in Prag und Paris, die Loos ebenfalls entwarf. Auch seine beiden Wohnungen ließ Knize von ihm einrichten. (Foto:Philippe Ruault)
Haus Duschnitz
Bei dieser Arbeit entwarf Loos einen Anbau für einen Musiksalon an ein bestehendes Cottage Haus. Dabei veränderte er raffiniert den Grundriss und die bestehenden Räume. Von außen unscheinbar, eröffnen die Innenräume das Können von Loos und die Vorlieben seiner Auftraggeber. Willibald Duschnitz war Industrieller, seine Frau Jenka Pianistin. Privat war Duschnitz ein passionierter Kunstsammler und Orgelspieler. Dieses Werk ist reich an Zitaten aus der Baugeschichte, welche die Entwurfsmethode von Loos - nämlich aus der Tradition das Neue zu entwickeln - eindrucksvoll belegen. (Foto:Philippe Ruault)
Siedlungshaus
Heuberg
Loos war der Siedlerbewegung verpflichtet und wurde später auch Chefarchitekt des Wiener Siedlungsamtes. Er hielt Vorträge über das Siedlungshaus und seinen Garten und entwickelte nicht nur Masterpläne für Siedlungen, sondern auch ein Patent für ein möglichst kostengünstiges und einfach zu bauendes Siedlungshaus. Der Garten mit Kleintierhaltung war ihm ein großes Anliegen; die Menschen sollten sich zumindest in den kargen Jahren nach dem Ersten Weltkrieg selbst versorgen können. Ein gut erhaltenes und kürzlich renoviertes Musterhaus der Heubergsiedlung, das zusammen mit dem Bundesdenkmalamt restauriert wurde, kann nun besichtigt werden. Während des Rundgangs erfahren Sie Interessantes über die Wiener Siedlerbewegung und ihr 3-Säulen-Modell: Eigenleistung, Selbstversorgung & Kooperation. Der Besuch lohnt sich auch wegen des einzigartigen Ausblicks von der Siedlung auf die Stadt.
(Foto: Philippe Ruault)
Haus in der Werkbundsiedlung
Die Werkbundsiedlung verfolgte andere Ideale als die Siedlerbewegung, bei der sich Loos stark engagierte. Die Häuser der Werkbundsiedlung besaßen nur sehr kleine Parzellen und wurden als Einzelstück eines Architekten präsentiert. Loos empfand dies als kleinbürgerlich und war nicht überzeugt vom Konzept der Werkbundsiedlung. Es ist primär Josef Frank und dem Loos Schüler Heinrich Kulka zu verdanken, dass Loos sich mit zwei Doppelhäusern an dem Projekt beteiligte. Loos zeigte, dass der Raumplan auch auf kleiner Fläche und geringem Bauvolumen funktionieren kann. Ein Modell für den zeitgenössischen Geschosswohnbau? Wohnen im Raum.
Eine erst kürzlich komplett sanierte und weitestgehend in den Orginalzustand zurückgeführte Doppelhaushälfte steht zur Besichtigung. (Foto:Michael Baumgartner | KiTO)
Haus am Michaelerplatz
Das "Skandalhaus" in Wien zu Beginn der Moderne gegenüber der neuen Hofburg des Kaisers. Vorbote eines neuen Zeitalters, Auftakt der Moderne des 20. Jahrhunderts in der Architektur. Das Haus am Michaelerplatz hat jedoch wie alle Loos Objekte zwei Gesichter. Eines, das sich nach Außen bescheiden gibt und dabei auf die älteren Gebäude in seiner Nachbarschaft Bezug nimmt. Im Inneren zeigt es jedoch seinen Reichtum: Die Raumstimmungen für das Geschäft eines exklusiven Schneiderateliers werden durch Raumbezüge, Lichtführung und Material erreicht. Das frühe Meisterwerk von Loos im Herzen seines geliebten Wiens ist die nahezu perfekte Umsetzung seiner These von der Evolution in der Architektur. Gemeint ist die ständige Weiterentwicklung und Verbesserung der Architektur aus der kulturellen Tradition. Wir verdanken dieses Gebäude der Familie Goldman, die sich auch während der heftigen Proteste und Drohungen bis zur Fertigstellung immer hinter Loos stellte und ihm den Rücken stärkte. Die Familie von Leopold Goldman wurde unter der Nazi Herrschaft auf Grund ihrer jüdischen Herkunft deportiert und ermordet. Die Wiederherstellung der originalen Geschäftsräume in einer aufwendigen und gelungen Restaurierung, verdanken wir Burkhard Ruckschcio in Zusammenarbeit mit der Raiffeisenbank (1989 - 1991).
Die Führung durch die Räume des ehemaligen Herrenschneidersalons Goldman & Salatsch zeigt die Dualität und Verbindung zwischen Fassade und den Innenräumen. (Foto:Raiffeisen)
Haus Steiner
Das erste freistehende Wohnhaus, das von Loos geplant wurde!
Zuvor hatte Loos nur Wohn- und Geschäftseinrichtungen und Umbauten bestehender Wohngebäude durchgeführt. Das Gebäude ist für seine verschiedenen Fassaden - zur Straße oder zum Garten hin - berühmt geworden. Während die Straßenfassade ein einstöckiges Haus mit einem Tonnendach zeigt, ist auf der Gartenseite eine dreistöckige Villa zu sehen. Auch hier hat Loos zum ersten Mal ein Flachdach ausgeführt, da ihn die neue Erfindung des Holzzementdaches überzeugt hat. Im Inneren beeindruckt die Wegführung durch das Wohngeschoß. Der geräumige Gemeinschaftsraum ist in verschiedene Bereiche unterteilt, die auch durch Vorhänge flexibel abgetrennt werden konnten. Die Innenräume zeigen die Einflüsse des englischen Landhauses in der Architektur von Loos. Auftraggeber waren der Industrielle Hugo Steiner und seine Frau, die Malerin Lilly Steiner, geborene Hofmann.
Die Familie Steiner war einer der wichtigsten Auftraggeber von Loos. Hugo Steiner und Karl Kraus waren Klassenkameraden. Das Haus der Familie Steiner war ein Treffpunkt der Wiener Kulturschaffenden, bis zu ihrem Umzug nach Paris im Jahr 1927. (Foto: Philippe Ruault)
Wohnung Alfred Kraus
Bis vor Kurzem noch als zerstört geglaubt, war diese Wohnung nur durch das berühmte Foto des Sitz-Erkers in Heinrich Kulkas Loos-Monographie (Löcker Verlag) bekannt. Es ist dies die jüngste Wiederentdeckung einer Arbeit von Loos. Er richtete diese Wohnung in einem Eckhaus in der Nähe des Belvedere für den Bankier Alfred Kraus ein, einem Bruder von Karl Kraus. Die ehemalige Wohnung ist heute getrennt in zwei Einheiten, der Hauptraum - ein Eckzimmer der Wohnung - ist vorbildlich restauriert und heute Besprechungsraum einer Anwaltskanzlei. Dieses Werk zeigt Loos' tiefe Verwurzelung in der Wiener Baugeschichte des Barock, sowie sein Interesse an der japanischen Kultur. (Foto:Philippe Ruault)
Wohnung Valentin Rosenfeld
Eine Wiederentdeckung, die wir dem Architekten und Loos-Kenner Burkhardt Ruckschcio verdanken, der diesen Umbau von Loos in den 70er Jahren entdeckte, und mit dem heutigen Eigentümer in Kleinarbeit restaurierte und rekonstruierte.
Ein spannendes Objekt, das zeigt wie Loos ein Haus aus dem Biedermeier mit wenigen Eingriffen zu einer Loos-Wohnung umbauen kann und damit seine für ihn typischen Raumstimmungen erzeugt. Auch kann man an diesem Werk noch eine weitere Praxis von Loos studieren: Die (meist vom ursprünglichen Bauherrn angeregte) Integration und Wiederverwendung eines von Loos entworfenen, bestehenden Interieurs in ein anderes Gebäude.
Eva Rosenfeld war eng befreundet mit Anna Freud, Tochter von Sigmund Freud und betrieb ab 1925 im Garten des Anwesens eine kleine Schule. Also ein Ort mit viel Architektur und Geschichte! (Foto:Philippe Ruault)
Haus Horner
Im August 1912 reicht Adolf Loos, jenseits der Bahnlinie die durch Hietzing führt, ein Wohnhaus für Helene Horner ein. Es ist eines der ersten Häuser in diesem Siedlungsgebiet am Fuße des Roten Berges, das zu dieser Zeit noch recht ländlich geprägt war.
Er setzte den Typ des „eingeschossigen“ Wohnhauses mit Tonnendach ein, welchen er schon zuvor beim Haus Steiner verwendet hatte. Das Haus wirkt zur Straße klein - eingeschossig mit Dach - verfügt im Inneren über drei Vollgeschosse und einen vollnutzbaren Dachboden. Loos entwirft einen annährend quadratischen Grundriss von ca. 10 x 10 m mit einer tragenden Stütze als Kamin im Zentrum des Hauses. Dazu nimmt Loos die Entwurfsansätze für seine Siedlungshäuser vorweg, die er ab 1921 umsetzt. So besitzt das Haus bereits einen Selbstversorgergarten, einen Stall, Fassadenbepflanzungen mit Spalierobst und einen „echten“ Wintergarten als Frühbeet für Züchtungen für Jungpflanzen, der durch eine Heizung frostfrei gehalten werden kann.
Ein Haus, das nach außen bescheiden wirkt und seine Qualitäten im Innenraum zeigt, auch wenn Loos hier nicht mit teuren Materialien im Inneren „prunkt“. (Foto: Thomas Ledl)
Idee & Umsetzung LOOS2021: Ralf Bock und Timo Riess
Der Architekt Ralf Bock forscht und publiziert seit 2001 über das Werk von Adolf Loos und hat die Adolf Loos-Gesellschaft ins Leben gerufen. Timo Riess ist Gründer des Vereins Architekturerbe Österreich, der sich unter dem Motto „begehen-begreifen-bewahren“ für die Öffnung von historischer Architektur in Österreich einsetzt.
Fachliche Leitung
Arch. Ralf Bock:
+43 699 19 20 54 03
Organisatorische Leitung
DI Timo Riess, MPA:
+43 664 850 4625
Pressespiegel:
"Verborgenes von Adolf Loos entdecken" - WienTourismus
"Wie man ein Loos-Zimmer besucht, das nicht mehr da ist", Die Presse, 25.02.2020
"Hinter der Fassade der Loos-Bauten" - Die Presse - Schaufenster", Print-Ausgabe, 28.02.2020
"Loos’ verborgene Interieurs, Führungen zum 150. Geburtstag" - baunetz.de, 02.03.2020
"Auf den Spuren von Adolf Loos " - Kronen Zeitung, 05.04.2020
"Pionier der Selbstversorgung" - Süddeutsche Zeitung, 21.10.2020
"Zurück auf Loos" - Der Falter, Ausgabe 25/21, 23.06.2021